Einige Tage sind bereits vergangen, seitdem wir Tahiti und Französisch Polynesien verlassen haben. Und eines ist klar, dieser Abschnitt, diese 4 Wochen unserer Reise, werden besonders in uns haften bleiben. So nachhaltig beeindruckt sind wir von dem Land, den Menschen, der Natur, den Traditionen.
Und gerade diese Traditionen versucht die Bevölkerung der Inseln wieder aufleben zu lassen. Durch die Verbote in der damaligen Kolonialzeit gerieten viele Tänze, Lieder und Rituale in Vergessenheit. Es kam uns bei den zahlreichen Aufführungen, die wir auf der Aranui und den Inseln gesehen haben, nicht ein einziges Mal auch nur ansatzweise so vor, dass hier nur für Touristen getanzt und gesungen wird. Im Gegenteil. Mit Freude und Hingabe wurde Kultur präsentiert! Oft tanzten schon die kleinen Kinder mit. Und wenn wir Gäste zum Tanzen aufgefordert wurden, dann nicht um uns mit unseren steifen Hüften bloß zu stellen, sondern um uns in die Stimmung und die Magie mitzunehmen. Bei mir hat das geklappt. Bei den Männern auch. So mancher hat die archaischen Schreie der Polynesier aus tiefster Seele in den Abendhimmel geschrien!
Eine weitere kulturelle Bedeutung haben Tattoos in französisch Polynesien.
Das Wort „Tattoo“ stammt vom polynesischen „tatau“ und wurde durch europäische Seefahrer (u. a. James Cook) bekannt. Tätowierungen waren heilig und hatten tiefe soziale und spirituelle Bedeutung. Tattoos dienten unter anderem
als Identitätsmerkmal, zur Kennzeichnung des sozialen Status, als spiritueller Schutz und zur Darstellung von Mut, Stärke und Wissen. Im 19. Jahrhundert verboten Missionare das Tätowieren aber seit den 1980er Jahren erfährt diese Kultur eine Renaissance und ist ein wichtiges Symbol kultureller Identität und des Stolzes. Viele Tätowierer verbinden heute traditionelle Symbolik mit moderner Tattoo-Kunst.
Ein polynesisches Tattoo ist daher nicht nur Schmuck, sondern eine Geschichte auf der Haut. Auch auf meiner!
Ich wusste, dass es auf dem Schiff ein Tattoo-Studio gibt und ich hatte mich vorher schon mit Tätowierungen, eigentlich in Verbindung mit Hawaii, beschäftigt. Diese haben ihren Ursprung allerdings in französisch Polynesien. Mir war klar, dass es hier nicht um ein Bild auf der Haut geht. Eher ein Statement. Klar war einzig die Stelle: Schulter. Vielleicht hätte ich mich nicht getraut, wenn nicht Tanja, die ich auf dem Schiff kennengelernt habe, Vorreiter gewesen wäre!!! Moano, der Tätowierer, gab mir zwei Bücher (sogar in deutscher Sprache) mit vielen Bildern und Informationen. Und ich verfasste eine Aufstellung mit Dingen, die ich liebe und was mir wichtig ist. Heute und für die Zukunft. Mit dem, was dann entstanden ist, habe ich bewusst nicht viel zu tun. Da hat der Künstler in einer magischen Stunde (viel länger hat es nicht gedauert) MICH in polynesischer Sprache umgesetzt. Jede Linie hat Bedeutung, jedes einzelne Bild trifft eine Aussage. Es ist größer geworden als ich es dachte, und dennoch genau richtig. Zusammengefasst dreht es sich um Schutz, Stärke und Ausdauer, Verbundenheit, Familie, Gemeinschaft (Freunde), Harmonie, Mut, Gelassenheit, unterwegs sein, Meer(Tiefe).
Eigentlich möchte ich nur noch „Schulter frei“ tragen. Im Moment bei diesen Temperaturen nicht schwer!! Ich weiß, dass Tätowierungen polarisieren. Nicht jeder mag das. Ich habe mein Tattoo zwischen den Inseln Hiva Oa und Tahuata bekommen. Es ist für mich mehr Kunst, aber auch mit Traditionen verbunden, ich bin stolz darauf. Eben (und nicht nur) Polynesien unter der Haut!
Übrigens sind sehr viele Polynesier tätowiert. Durch alle Altersgruppen und sehr schön in meinen Augen. Ich wurde oft auf mein Tattoo angesprochen und die Reaktionen waren Wertschätzung und Respekt!!





Moano, der Künstler!! Mein Gesicht kurz danach! Das Tattoo heute…